Gegen den Terrorismus ist natürlich jeder vernünftige Mensch,
dennoch wird es nicht ausbleiben zu differenzieren und klug alles in Betracht zu ziehen, was in diesem Zusammenhang wichtig erscheint. Gewiss will und kann ich nicht das Thema hier erschöpfend behandeln, die Aktualias laufen einem auch davon. Mir ist nur wichtig, in wie weit sich mein Zeitverständnis mit dem wichtigsten Impuls meines aktuell künstlerischen Schaffens, den Begriffen von Ambiguität und Ambivalenz auf meine Weise verbindet. An anderer Stelle habe ich hier auf meiner Homepage schon darüber Auskunft gegeben, siehe Zum Ambivalenzbegriff meiner Kunst...
Gegen den Nazi-Terrorismus habe ich auch schon an anderer Stelle Stellung genommen in Bild und Schrift, siehe "Meine obligatorische, grafische Jahreswechselgrüße", oder meine Äußerung zu Pegida, siehe "Schande für Pegida", nun hier zu dem sogannten "Islamischen Staat" (IS) und seinem weltweiten Kampf, dem sich schon viele Terrorgruppen in der ganzen Welt angeschlossen haben, - unterschätzen darf man diese Verbrecher gewiss nicht!
Um so schlimmer ist, dass sich viele junge Leute, auch unseres Kulturkreises, dieser blutrünstigen, gnadenlos massakrierenden Mörderbande angeschlossen haben, wobei man sich an den Kopf greift - sie würden einem den wohl gnadenlos abschlagen! - und nicht versteht, warum sowas möglich ist. Nicht zuletzt junge Frauen, die dort hingingen, nicht nur als Kämpferinnen, sondern, um sich als Ehefrauen diesen Idioten zu unterwerfen. Na gut, in einschlägigen, wissenschaftlichen Schriften zum Thema "Jugend und Radikalisierung", kann man lesen, warum das möglich ist. Als 68iger, der seine jugendliche Radikalisierung als linker Kritiker unserer Gesellschaft noch lebendig in den Knochen verspürt, finde ich das besonders bemerkenswert. Uns ging es u.a. um die Befreiung der Sexualität, die frei sein und die Geschlechter emanzipieren sollte...
Während diesen Verblendeten geht es um die absolute Spießigkeit eines "gottgläubigen Lebens", was natürlich der Doppelmoral Tür und Tor öffnet - man glaubt es nicht!
(Text von 2015, leicht korrigiert
am 6.11 2020
Doch hier zu erst eine Gestaltung, die ich 2015 zum Thema unter dem Eindruck der Morde in Frankreich anfertigte:
Nun ist vor Kurzem in Wien ein islamistischer Attentäter aktiv geworden und hat wahllos Menschen ermordet und viele Verletzt. Auch in Deutschland scheint das jederzeit wieder möglich zu sein.
Unter dem Eindruck der vielen islamistisch motivierten Anschlägen und bestialischen Morde in Europa, die vor und nach 2015 bis heute stattfanden und hier im Einzelnen überhaupt nicht mehr darstellbar sind, dürfte klar sein, dass wir offensichtlich mit diesem Zivilisationsbruch leben müssen, den im Prinzip jeden Menschen im Alltag unserer freiheitlichen, pluralistischen Kultur treffen kann. Meist werden die Attentäter erschossen, nachdem sie gemordet haben, was ihnen auch recht sein wird, denn sie sehen sich schließlich als Kämpfer Gottes und erhoffen sich in Ihrer Illusion von ihm im Paradies einen Lohn. Psychologen sprechen vom "Erweiterten Selbstmord." Dem ist wohl zuzustimmen. Um so wichtiger sind natürlich - jenseits von Rache! - die Gerichtsprozesse der Wenigen, deren man lebend habhaft wird und deren publizistischen Wirkungen als Abschreckung und Einflussnahme auf die einschlägischen Kommunitis nicht zu unterschätzen sind. Ebenso wichtig ist natürlich die Frage des Umgangs in Politik, Gesetzgebung und Öffentlichkeit mit diesem Phänomen unserer Zeit, was so schwer ist in den Griff zu bekommen, will man an zivilisatorischen Standarts nicht rütteln. Ebenso wichtig sind die Erkenntnisse von Fachleuten und der Schutz von Muslimen, die in islamistisch motivierten Kreisen als "Verräter" gelten, wenn sie sich zu unserer freiheitlichen Verfassung bekennen, wie z.B. der Religionspädagoge Mouhanad Khorchide, er warnt Politik und Medien würden bei uns das Problem verharmlosen ("Die Zeit", 29.Oktober 2020, Seite 66)
Mouhanad Khorchide schreibt: "Um zum Islamhasser erklärt zu werden, genügt es schon, den Islamismus zu kritisieren - das habe ich als Professor für islamische Religionspädagogik in Münster selbst erlebt. Zeitweise bekam ich vom Landeskriminalamt neun Personenschützer gestellt, nur weil ich eine Reform des Islams für möglich und nötig halte. Ungleich riskanter wird es, wenn man die Meinungsfreiheit so verteidigt, wie es der französische Lehrer Samuel Pathi tat ( der auf offener Straße bestialisch ermordet und geköpft wurde. Anmerkung von Norbert E. Herrmann).(...) Meine Sorge heute ist, dass diejenigen, die jeden Reformer als Feind verdächtigen, auch die notwendige Bekämpfung der wahren Islamfeinde erschweren.(...) Das Beharren auf der angeblichen Spaltung unserer Gesllschaft nach Religionszugehörigkeit ist ein identitätspolitischer Irrtum, der den Identitären gefallen dürfte - seien sie nun Rechtspopulisten oder Vertreter des politischen Islams. Letztere treten auch deshalb so vehement als Anwälte einer benachteiligten Minderheit auf, um sich selbst gegen Kritik zu immunisieren. Zugleich betreiben sie Hetze gegen Muslime wie mich. " (ebenda)
Khorchide beschreibt in dem ganzseitigen Artikel die Anfeindungen, denen er von Seiten des "politischen Islam" ausgesetzt ist und beklagt, dass er von deutscher Politik und Publizistik wenig Unterstützung erfahre. Er schreibt:
"Deshalb lautet meine Frage an den Innenminister: Wer schützt eigentlich uns? Wer schützt liberale Muslime, die die Demokratie und die Menschenrechte verteidigen? Die ihre Religion im Sinne dieser Werte auslegen? Wir wollen keine Helden sein, sondern freie Bürger. Ist das nicht eine Selbstverständlichkeit?" (ebda) Anders als der Salafismus predige der "politische Islam" zwar nicht den politischen Kampf gegen "den Westen", sondern passe sich dessen selbstkritischen Diskursen an, man stimme in Diversitätsappele ein, man predige das Kopftuch als Symbol der Emanzipation und poche auf Religionsfreiheit. "Doch Religionskritik und Reformen erträgt man nicht. (...) Seine Anhänger haben es geschafft, die Kritik am politischen Islam als unzulässige Kritik am Islam zu tabuisieren. Das führt zu einer alarmierenden Selbstzensur unter wohlmeinenden Politikern in Deutschland. (...) Viele Politiker, Journalisten und Kirchenvertreter sehen in uns bereits Störenfriede, zu denen sie lieber auf Distanz gehen, um nicht selber als Islamfeinde diskreditiert zu werden. Zugleich profitiert der politische Islam vom Erstarken der Rechtsradikalen. Ihre Angriffe werden als Angriffe des Westens interpretiert, um bei Muslimen Wut zu schüren. Auch Statistiken, wonach die nichtmuslimische Bevölkerung Angst vor dem Islam hat, werden benutzt um Zwietracht zu säen." (ebenda)
Der Autor beschreibt die Hetze gegen den Lehrer Samuel Pathi in Frankreich von Seiten empörter Eltern von muslimischen Jugendlichen, denen er die Prinzipien unserer freiheitlichen Demokratie erklärte und natürlich als Demonstration die Islamkritischen Karikaturen des bekannten Satireblatts Charly Hebdo, dessen gesamte Redaktion fast völlig von Attentätern ausgelöscht wurde und schreibt: "Genau diese Hetze erleben liberale Muslime fast täglich in Deutschland. Wer garantiert uns, dass einer von uns nicht der nächste Samuel Pathi ist? (...) Bis jetzt gibt es zu unserem Schutz keinen Expertenkreis und keine behördliche Anlaufstelle. Erst wenn die Anfeindungen zu Morddrohungen führen, bekommen wir Polizeischutz. Man kann sagen: Identitätspolitik macht uns Reformer mundtot. Wertepolitik würde uns schützen. (...) Das ist das gefährliche Narrativ: der Islam zum Gegenentwurf zum Westen. Den jungen Muslimen wird ein Glaube gepredigt, der es ihnen kaum erlaubt, sich mit Deutschland zu identifizieren. Meist bleibt ihnen nichts anderes übrig, als auf Distanz zur Religion oder der Gesellschafft zu gehen. (...) Wir sollten nicht länger zulassen, dass solches identitäres Denken unser Land spaltet. Nicht die Zugehörigkeit zu Religion, einer Nation, einer Ethnie ist entscheidend, sondern unser Verhältnis zueinander: Tolerieren oder diskriminieren wir einander? Dulden oder Bekämpfen wir Diskriminierung? "
(ebenda)
Norbert Ernst Herrmann
06.11.2020