Der Publizist Michael Friedmann trat nach über 50 Jahren Mitgliedschaft aus der CDU aus und sagte: "Friedrich März hat mich sehr beeindruckt, als er Wochen zuvor gesagt hat, dass keine Tür und kein Fenster für Missverständnisse in Richtung der AFD offen sein darf. (...) Jetzt darf er sich nicht gewundert haben, dass die AFD sich auf den Beifahrersitz gesetzt hat." (Interview von Florian Weber in der Frankfurter Rundschau vom 07.02.225)

 

Michael Friedmann scheint in seiner 50jährigen Mitgliedschft in der CDU so einiges in seiner Partei nicht mitgekriegt zu haben, was aufmerksamen Zeitgenosse*innen durchaus bewusst ist: Der Spruch von Franz Josef Strauß, dass es rechts neben der CDU/CSU keine Partei geben dürfe - lang ist es her! - führte nicht nur dazu, dass die Union in ihrem politischen Selbstverständnis mehrheitlich schon immer dem autoritären Staat konsequent den Weg bereitete, sondern auch, dass sehr viele rechtsradikale Mitglieder in dem Gewandt des Konservatismus in dieser Parteienfamilie gewissermaßen "überwinterte". Man muss seine Gesinnung ja nicht unbedingt hinaus posauen, wenn man opportunistisch die Pfründe von Regierungsparteien in entsprechenden Funktionen genießen will. Die Volkspartei CDU/CSU hat durchaus auch liberale Mitglieder*innen - keine Frage -, die Angela Merkel als Bundeskanzlerin vor allem ansprach. Doch davon hat sich die CDU unter ihrem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz längst verabschiedet. Tatsache ist, dass sehr viele führenden Mitglieder der - wie man sagt - in Teilen faschistischen AFD von der CDU/CSU kommen. Ist das etwa Zufall? Als ob vor hundert Jahren alle Mitglieder der Nazi-Partei den millionenfachen Massenmord gewollt hätten. In Teilen ganz sicher - jedenfalls die, die Hitlers "Mein Kampf" gelesen hatten. 

 

Während meines Studiums in Heidelberg ab Mitte der 70iger Jahre brachte die trotzkistische GIM (Gruppe Internationaler Marxisten), deren Mitglied ich damals war, zu den anstehenden Student*innenparlamentswahlen (damals fand das Gendern zaghaft seinen Anfang) ein Flugblatt heraus, an dem ich beteiligt war. Ich machte die Fotos und auch zusammen mit einer Genossin den Text. Siehe: 

 

Das Flugblatt richtete sich gegen Bestrebungen von CDU/CSU über verschiedene Organisationen an der Uni Fuß zu fassen und wir dokumentierten, was womöglich hinter den wohlfeilen Sprüchen des Konservatismus dahinter steckt. Es gab damals auch schon offen faschistische Gruppierungen, die hatten aber zustimmungsmäßig keine Chance. Mit einem Mitglied einer solchen Gruppierung diskutierte ich beim Bier. Solche Kontakte gab es durchaus. Keine Ahnung, ob ich ihn davon abhielt ein Arschloch zu werden.

 

Und aus der zweiten oder dritten Reihe von CDU/CSU sind schon Stimmen zu vernehmen mit dem Faschismus alà AFD, der sich konservativ tarnt, zu koalieren. So wie die Vorsitzende Alice Weidel in Adolf Hitler einen Sozialisten sieht, betreibt die AFD als Ganzes einen demokratischen Etikettenschwindel ersten Ranges: Sie unterbindet - da wo sie in Bundesländern Macht hat - demokratische Strukturen in Politik, Kultur und Kunst und will sie zerstören. Das ist offenkundig. Leider lässt das die Demokratie auch in Deutschland zu. Dagegen demonstrieren zur Zeit Hunderttausende. Wohl mit wenig Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht war leider zu inkonsequent um eine faschistische Partei wie die NPD zu verbieten, weil sie zahlenmäßig und in Wahlen zu irrelevant sei. Immerhin sagte das Gericht klipp und klar, dass ein völkisches Programm, das sich gegen den Pluralismus der Bevölkerung richtet, verfassungwidrig sei. Die AFD ist ideologisch vom selben Schlag wie die NPD, ist aber in Wahlen sehr erfolgreich. Was nun? Ein Verbotsantrag wurde im Bundestag in die Ausschüsse übermittelt. Da wird er wohl auch versauern. Deshalb: Wehret den Anfängen!

 

Im Übrigen ist es ein Skandal, dass die furchtbaren Mordtaten von psychisch Kranken - so schlimm sie sind! - von der CDU/CSU als Gelegenheit benutzt wird im ganzen Land eine Pogromstimmung zu erzeugen. Bei einer Bevölkerung von 83 Millionen Menschen kann das täglich passieren. Verrückte gibt es immer - das kann man nicht verhindern. Was nicht heißt, dass Behörden zuverlässiger arbeiten könnten. Auch bei Abschiebungen. Nur ein Beispiel: im letzten Jahr wurden über 350 Frauen entweder von ihren Ehemännern oder Ex-Partnern aus allen Teilen der Bevölkerung umgebracht. Wo war da die CDU/CSU und hat nach schärferen Gesetzen gerufen? Wie sollten die auch aussehen? Für die Bundestagswahl 2025 gilt, meiner Auffassung nach: Jede Stimme für CDU/CSU oder FDP - auch mit Abstrichen von der BSW, die im Bundestag mit der AFD stimmte (und weswegen in Bayern einige Mitglieder ausstiegen) - ist eine Stimme für den auch in Deutschland erstarkenden Faschismus. Der CDU/CSU unter ihrem wortbrüchigen Kandidaten ist nicht zu trauen. Österreich lässt grüßen!    

 

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  09.02.2025